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28.01.1932, Donnerstag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Um mich von düsteren Gedanken abzulenken, bin ich mit Ernst zum Flughafen Tempelhof gefahren. Hier stellte Dornier das neuentwickelte viermotorige Passagierflugzeug Do-K vor.

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage macht die Industrie Fortschritte. Vielleicht brauchen die Menschen nur mehr Vertrauen und einen längeren Atem. Dies ist nicht die erste Krise, die die Republik überwindet.

Der Flughafen Tempelhof war einer der ersten Verkehrsflughäfen  Deutschlands und nahm 1923 den Linienverkehr auf.

2008 wurde er geschlossen. Das ehemalige Flugfeld wird als Freizeitpark „Tempelhofer Feld“ von den Berlinern genutzt.

Interessant ist auch die riesige Flughafengebäude, das ab 1936 entstanden ist und 1941 mit einer Gesamtlänge von 1,2 Kilometer und einer Geschossfläche von 307.000 m² eines der längsten und flächengrößten Gebäude Europas ist —  Architektur im Nationalsozialismus eben – direkt daneben war übrigens seit 1934 das KZ Columbia, das man  aber abriss, als das Flughafengebäude in Betrieb genommen wurde.

 

04.07.1932, Montag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Ich war zur großen Demonstration der Kommunisten im Lustgarten. KPD-Abgeordnete mit Sowjetfahnen, dazwischen die roten Fahnen der Einheitsfront.

„Freiheit!“

Der Ruf wurde von Tausenden ausgestoßen, die zugleich die geballte Faust reckten. Mittendrin erkannte ich Fritz, eins mit der Menge, voller Wut, voller Kraft und voller Entschlossenheit. Und am Rande stand ich – wie immer als Beobachter.

Als würde sich die Geschichte wiederholen.

In der Zeit der Weimarer Republik wurde der Lustgarten unweit des Berliner Stadtschlosses  vor allem von der Arbeiterbewegung  zu politischen Kundgebungen genutzt.

11.05.1933, Donnerstag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Ein Artikel heute in der MoPo:

Scheiterhaufen auf dem Opernplatz!

Mit der öffentlichen Verbrennung von Büchern fand die Aktion des Studentischen Kampfausschusses ‚Wider den undeutschen Geist’ ihren vorläufigen Abschluss. Gegen Mitternacht wurden nach Reden von Reichsminister Dr. Goebbels und dem Führer des Kreises Brandenburg der deutschen Studentenschaft ein Teil der beschlagnahmten Werke auf dem Opernplatz zu einem Scheiterhaufen aufgebaut und verbrannt. Ähnliche Aktionen fanden in einer ganzen Reihe von deutschen Städten statt. In Köln ist die Bücherverbrennung wegen schlechten Wetters abgesagt

Eigentlich heißt der Opernplatz Bebelplatz.

Das Opernplatz-Areal war am 10. Mai 1933 Hauptschauplatz der Bücherverbrennung. Etwa 70.000 Studenten, Professoren und Mitglieder der SA und SS verbrannten Bücher von als „undeutsch“ bezeichneten Autoren,  u.a. Sigmund Freud, Erich Kästner, Heinrich Mann, Karl Marx und Kurt Tucholsky. Erich Kästner war dabei. als man seine Bücher verbrannte. 

Durch eine gläserne Bodenplatte auf dem Opernplatz blickt man heute in einen  Raum mit leeren, weißen Bücherregalen aus Beton. Die Regale bieten Platz für etwa 20.000 Bücher, so viele sollen damals verbrannt worden sein.

03.03.1933, Freitag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Theodor Wolff, Chefredakteur des BT, wird von seinem Verleger Hans Lachmann-Mosse entlassen.

Ernst Thälmann, der Führer der KPD, ist verhaftet.

 

Das Mossehaus wurde um 1900 als Sandsteinbau errichtet. Das Gebäude wurde bei den Spartakusaufständen im Januar 1919 beschädigt und in den Folgejahren im Stil der Neuen Sachlichkeit umgebaut.  Rudolf Mosse baute um 1900 ein Zeitungsimperium auf u.a. Die Gartenlaube, Berliner Volkszeitung, Berliner Tageblatt (Chefredakteur war lange Zeit Theodor Wolff).

Rudols Mosse starb 1920. Nach seinem Tod übernahm sein Schwiegersohn, Hans Lachmann-Mosse, die Führung des Mosse-Konzerns.Kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erfolgte eine „Kalte Arisierung“ des Unternehmens. Hans Lachmann-Mosse floh am 1. April 1933 nach Paris und veranlasste von dort aus die Umwandlung des Konzerns in eine Stiftung zum 15. April 1933. Man sagt, der Konzern sei zu dieser Zeit hoch verschuldet gewesen.

Im Mosse Zentrum Berlin sind heute verschiedene Dienstleistungsfirmen ansässig.

Tegel

TegelTegel ist laut.
Das allgegenwärtige Donnern der Düsenjets.
Ein Werktag. Geräuschvolle Alltagsbeschäftigungen. Hämmern. Sägen. Leere Glasflaschen werden umgeräumt. Telefonate geführt. „ Nein – ja – alles klar – bis dann“. Zwei Nachbarn streiten auf offener Straße. Ihr Streit hat Tradition. Da ist von gestern, vorgestern, letzter Woche die Rede.
Motorboote auf dem Tegeler See.
Tore fallen scheppernd ins Schloss. Türen werden geschlossen, Autos gestartet. Kisten polternd ausgeräumt. Das Holpern der Lastwagen auf dem Kopfsteinpflaster. Ein Auto mit leerem Bootsanhänger erinnert an ein Pferdegespann. Die Fahrräder haben es nicht leicht auf dem groben Pflaster.
Wieder ein Flugzeug. Die Hotelgäste auf dem Flur unterhalten sich. Zimmertüren fallen ins Schloss. Mein Hund knurrt leise. Er hat das Hotelpersonal gehört. Eine fremde Sprache. Routinearbeiten: Putzen, Staubsaugen, Lüften.
Wieder ein Flugzeug. Und Vogelgezwitscher. Fiepen, Schnattern, Rufen, Trällern. Der Nymphensittich auf dem Balkon nebenan fordert Gesellschaft. Der Wind in den Blättern erinnert an einsetzenden Landregen.
Wieder ein Flugzeug. Gibt es einen Unterschied zwischen startenden und landenden Maschinen?
Während ich auf die nächste warte, lullt Tegel mich ein.
Die Geräusche zerfließen, laufen ineinander. Ein Aquarell aus Klängen.
Dazwischen wie bunte Farbtupfer: die startenden und landenden Jets.