Blitzschnell schlug Lukas zu. Einmal … zweimal … in das überraschte Gesicht seines Gegenübers. Sein Schlag hinterließ die typischen blutigen Spuren eines Schlagringes auf dem Wangenknochen des Anderen. Dann traf Lukas Faust ihn an der Schläfe und der Neue, der es gewagt hatte , sich ihm entgegenzustellen, ging zu Boden. Lukas trat ihm hart in den Unterleib. Sein Gegner krümmte sich vor Schmerzen. Der Junge holte weit aus und trat mit seinen schweren Stiefeln und mit aller Kraft noch einmal zu … in die Nieren. Der Andere stöhnte auf.
„Noch irgendwelche Fragen?“
„HAST… DU… NOCH… IRGEND…WELCHE …FRAGEN? …DU… WICHSER!“ Jedes seiner Worte unterstrich Lukas mit einem Tritt gegen den Körper seines Gegners. Dann zog er den Kopf des Anderen an den Haaren nach oben: „Ich habe dich etwas gefragt!“
„Nein“, stöhnte der Andere.
„Gut.“ Der Junge stieß den Kopf auf das Pflaster zurück.
Fast war er ein wenig enttäuscht über die geringe Gegenwehr des Anderen. Lukas liebte es, zu kämpfen. Das gespannte Kribbeln in seinem Körper, wenn er ganz wach und ganz konzentriert die Aktionen des Gegners beobachtete. Selbst die Schmerzen liebte er. Sie gaben ihm das Gefühl, hundertprozentig zu leben, sich selbst ganz zu spüren. Und dann dieser Moment, wenn er den Gegner endgültig besiegt und gedemütigt hatte, dieses Gefühl der Überlegenheit und der Stärke, diese Gefühl war besser als jeder Rausch und befriedigte ihn mehr als jeder Orgasmus.
Hier war seine Straße, hier war er der Boss. Alle hatten Respekt. Und er wusste, wenn das so bleiben sollte, dann durfte er keiner Auseinandersetzung aus dem Weg gehen und keinen Kampf verlieren.
Lukas hatte gerade die Haustür des alten, heruntergekommenen Miethauses geöffnet, als er ein leises Winseln hörte. Er ging die drei Stufen der Eingangstreppe wieder hinunter und sah sich suchend um. Da war es wieder, dieses zarte, ängstliche Winseln. Suchend ging er auf den verwilderten Busch neben dem Haus zu. Er bückte sich und schob vorsichtig die unteren Zweige beiseite.
Unter dem Busch hatte sich eine kleine Hündin versteckt.
„Ja was ist denn mit dir?“ flüsterte der Junge. Langsam, um die Hündin nicht zu erschreckten, strecke er die offene Hand mit der Handfläche nach oben der Hündin entgegen. Er gab ihr genügend Zeit, sich an seinen Geruch zu gewöhnen und hoffte, sie würde merken, dass von ihm keine Gefahr ausging. Beruhigend sprach er auf das verängstigte Tier ein.
„Was ist denn los mit dir? Warum weinst du denn so? Hat dir jemand wehgetan?“
Zärtlich berührte Lukas den Kopf der Hündin und kraulte sie liebevoll hinter den Ohren. Er war nun ganz unter den Busch gekrochen und hatte sich neben die Hündin gehockt. Vorsichtig untersuchte er den Körper der Hündin.
„Da hat dich aber jemand übel zugerichtet.“ Schnell hatte der Junge die eitrige Wunde an der Schulter der Hündin entdeckt. „Weißt du, Kleine, das muss behandelt werden. Das müssen wir sauber machen. Am besten, ich nehme dich mit nach drinnen. Du wirst doch auch sicher Hunger haben.“
Behutsam nahm er die kleine Hündin hoch. Er öffnete geschickt die Haustür und trug die Hündin hoch in seine kleine Wohnung. Mit der freien Hand nahm er seine Bettdecke und trug sie in die Küche.
„Am besten, du wohnst erst einmal in der Küche. Da ist es schön warm. Weißt du, ich habe keine Kohlen mehr für den Ofen, aber in der Küche kann ich den Backofen anmachen, dann wird es gleich warm.“
Lukas richtete der Hündin ein gemütliches Lager in der Küche ein. Geschickt säuberte er ihre Wunde. Geduldig ließ die Hündin alles über sich ergehen. Sie fühlte, dass der Junge ihr helfen würde und dass von ihm keine Gefahr ausging.
„Da“, Lukas stellte ihr eine Schüssel mit Wasser hin. Dann fütterte er die Hündin mit dem letzten Rest Hackfleisch, den er noch im Kühlschrank gefunden hatte. „Morgen gucken wir, dass wir Hundefutter für dich auftreiben, Kleine.“
Die Hündin trank und fraß und rollte sich dann zufrieden zusammen. Der Junge blieb neben ihr sitzen und streichelte liebevoll über das hellbraune Fell.
Lukas war neben der Hündin eingeschlafen, als ihn das Läuten der Türklingel aufschreckte.
„Scheiße!“ Der Junge stand auf und hastete zur Tür. Er öffnete die Tür nur einen Spalt, um zu sehen, wer davor stand.
„Hallo Lukas! Kannst du mich mal hereinlassen. Wir müssen dringend über dein Verhalten in den letzten Tagen reden.“
„Einen Scheißdreck werde ich! Hauen Sie ab!“ Lukas lehnte fest gegen die Tür, bereit, die Frau vom Jugendamt sofort zurückzudrängen sobald sie einen Versuch unternehmen würde, die Tür ganz zu öffnen.
„Verschwinden Sie! Ich habe echt keine Zeit für ihr blödes Gelaber!“
„Lukas, du weißt, dass du mit mir reden musst und dass du mich auch in die Wohnung lassen musst!“
„Und wenn nicht? Wollen Sie sich mit mir anlegen? Hauen Sie ab. Gehen sie Kaffee trinken mit den anderen Psychofuzzies!“
Wütend schlug Lukas die Tür zu.
„Gut, du hast es so gewollt. Ich gebe dir Zeit bis morgen, falls du mir dann immer noch nicht öffnest, stehe ich übermorgen mit der Polizei vor der Tür!“
„Fick Dich! Blöde Fotze!“ Das dünne Sperrholz der Tür splitterte als Lukas mit der Faust dagegen schlug.
Aus der Küche kam ein leises Winseln. Schnell war Lukas bei der Hündin. „Schon gut, meine Kleine, habe ich dich erschreckt?“ Lukas kniete neben der Hündin und kraulte sie liebevoll hinter den Ohren.
„Nun können wir uns gegenseitig verarzten“, lächelte er, als ihm die Hündin das Blut von den Fingerknochen der rechten Hand leckte.