Schlagwort-Archive: Lustgarten

25.11.1917, Sonntag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Die Friedenskundgebung endete blutig. Wir waren gerade in einer großen Gruppe von Demonstranten in die Kaiser-Wilhelm-Straße unweit des Lustgartens eingebogen, als sich uns Schutzleute entgegenstellten. Während die ersten Steine auf die Schutzleute geworfen wurden, verließ ich die Demonstranten. Fritz blieb.

In der Zeit der Weimarer Republik wurde der Lustgarten unweit des Berliner Stadtschlosses  vor allem von der Arbeiterbewegung  zu politischen Kundgebungen genutzt.

28.12.1918, Sonnabend aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Ich begleitete Fritz zum Leichenbegräbnis der getöteten Matrosen. Berlin ist in Grau gehüllt. Wohin man schaut, säumen feldgraue Militärmäntel den Weg. Es regnet ohne Unterlass aus grauen Wolken. Eine ungeheure Menschenmenge hatte sich im Lustgarten versammelt. Kränze und Blumen in Rot und Weiß wurden niedergelegt. Delegierte aller deutschen Spartakusgruppen trafen sich heute in Berlin.

In der Zeit der Weimarer Republik wurde der Lustgarten unweit des Berliner Stadtschlosses  vor allem von der Arbeiterbewegung  zu politischen Kundgebungen genutzt.

02.10.1921, Sonntag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Der Reichsbund der Kriegsbeschädigten hat zur Demonstration im Lustgarten aufgerufen. Tausende ehemalige Soldaten an Krücken und in Rollstühlen waren dort versammelt. Verstümmelte, die Opfer der Granaten und Minen. Von Brandnarben entstellte Menschen. Blinde. Vom nahen Tod gezeichnete Gesichter, Augen in schwarzen Höhlen, die Opfer des Giftgases. Sie klagen die unzureichende Versorgung der Kriegsbeschädigten durch die Regierung an. Aber es geht ihnen um mehr als nur finanzielle Unterstützung. Sie forderten die öffentliche Anerkennung ihrer Opfer-Leistung. Sie forderten Solidarität. Ich stand am Rande, betrachtete die Gesichter, manche zornig, andere müde, resigniert, als sich ein junger Bursche schreiend aus der Versammlung löste. Voller Verzweiflung entfloh er der Menschenmenge. Ohne sichtlichen Grund. Er schien unverletzt. So wie ihm ergeht es vielen. Die äußeren Verletzungen sind längst verheilt. Es sind die Wunden der Seele, die eitrig immer wieder aufbrechen. Eine Mutter zog hastig ihr Kind beiseite. Fast feindselig war die Stimmung der Passanten. Sie reagierten mit Unverständnis und Empörung.

Neben mir hörte ich ein Flüstern:

„Sozialer Versager. Denen fehlt nur der rechte Wille zu praktischer Arbeit.“

Wie kann es sein, dass dieses Land seine Kriegsopfer nicht achtet und die Kriegskrüppel als Schmarotzer und Parasiten diffamiert? Vielleicht, weil sie an die Schmach der Niederlage erinnern? Eine stets präsente Anklage auf den Straßen Berlins? Vielleicht weil die Regierung, die so bestrebt ist, sich vom Krieg zu distanzieren, sich dabei ungewollt auch von den Opfern abwendet?

25.06.1922, Sonntag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Ernst erzählte von Massendemonstrationen im Lustgarten. Mehr als zweihunderttausend Menschen wollten den deutschnationalen Helferich wegen seiner Hetze gegen Rathenau zur Verantwortung ziehen. Helferich hatte noch am Vortag des Attentats die Außenpolitik Rathenaus öffentlich als Vaterlandsverrat gebrandmarkt. Die Zeitungen berichten von der bewegenden, aufrüttelnden Rede des Reichskanzlers Wirth, die mit stürmischem Beifall aufgenommen wurde:

Da steht der Feind, der sein Gift in die Wunden eines Volkes träufelt. Da steht der Feind – und darüber ist kein Zweifel: dieser Feind steht rechts!

Wirth klagt zu Recht die hemmungslose Hetze der rechtsgerichteten Presse an. Er wirft ihnen vor, mittelbar am Mord des Außenministers schuldig geworden zu sein.“

In der Zeit der Weimarer Republik wurde der Lustgarten unweit des Berliner Stadtschlosses  vor allem von der Arbeiterbewegung  zu politischen Kundgebungen genutzt.