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06.10.1929, Sonntag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Über wie viele Leichenzüge angesehener Politiker werde ich noch berichten müssen?

Der Sarg wurde im Sitzungssaal des Reichstages aufgebahrt. Er hatte eine goldene Sargdecke mit schwarzem Reichsadler. Frau Stresemann saß tief verschleiert neben dem Reichspräsidenten. Der Platz vor dem Reichstag war mit zehntausenden Trauergästen gefüllt. Der Leichenzug führte durch das Spalier des Reichsbanners vom Reichstag bis zur Wilhelmstraße. Ein sonniger, warmer Tag.

Vor dem Ausländischen Amt hielt der Zug. Die Fenster von Stresemanns Arbeitszimmer waren schwarz drapiert, davor weiße Lilien.

Das Gebiet um die Wilhelmstraße war zur Zeit der Weimarer Republik als Regierungsviertel bekannt. Nach der Machtergreifung richteten sich die Behörden des NS Regimes in der Wilhelmstraße ein. Viele der Regierungsgebäude wurden während des 2. Weltkrieges zerstört. Die Reichskanzlei stand in der Wilhelmstraße, in ihrem Garten lag der Führerbunker. Gedenktafeln mit historischen Portraits weisen heute auf die besondere Bedeutung der Wilhelmstraße hin und immer noch sind viele Regierungsbehörden in und um die Wilhelmstraße ansässig. Es wurde lange diskutiert, ob man die Plattenbauten aus der DDR Zeit abreißen und das Viertel wieder ähnlich wie vor dem 2. Weltkrieg aufbauen soll. Letztlich kam man zu dem Schluss, die Plattenbauten zu erhalten. Ich finde das gut, sie sind schließlich auch Teil unserer Geschichte.