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27.07.1922 aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Nach einem ausgedehnten Mittagsmahl im Adlon sind Ernst und ich trotz dunkler Regenwolken Richtung Spreeinsel spaziert. Unter den Linden bot ein Schuhputzer seine Dienste an. Das Messingschild und die Nummer auf seiner Mütze zeigten, dass er eine amtliche Genehmigung zur Ausübung seines Gewerbes hatte. Ihn darf die Sipo hier nicht vertreiben. Mit blinkenden Schuhen spazierten wir weiter zur Museumsinsel. Dieses wunderbare Eiland inmitten Berlins beherbergt in seinen öffentlichen Museen viele der bedeutendsten historischen Kunstschätze der Stadt. Ganz an der nördlichen Spitze der Insel das Kaiser-Friedrich-Museum. Hier hat Wilhelm Bode eine wirklich außerordentliche Skulpturen- und Gemäldesammlung kuratiert.

Die Museumsinsel beherbergt auch heute noch einige der berühmtesten Museen Berlins. Das Alte Museum ((Antikensammlung), das Neue Museum (mit der Büste der ägyptischen Königin Nofretete), das beeindruckende Pergamonmuseum (mit der Säulenhalle des Königs Sahure),  die alte Nationalgalerie ( mit Skulpturen und Gemälden des 19. Jahrhunderts) und schließlich das Bode-Museum  zählen jährlich mehr als 2 Millionen Besucher.

20.01.1923, Sonnabend aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Ganz Berlin schien sich zur Treuekundgebung für die Brüder an der Ruhr auf dem Königsplatz versammelt zu haben. Die Berliner feierten ein großes Volksfest. 400 Sänger standen auf der Freitreppe des Reichstags.

Es gab bittere Worte gegen die Besatzer:

Franzosen! Mit Tanks, Kanonen und 100.000 wohlgenährten, schwerbewaffneten Soldaten seid ihr in Friedenszeit in unser friedliches Ruhrgebiet eingedrungen. Wie im Kriege haust ihr bei uns!!

Auf dem Königsplatz, dem heutigen Platz der Republik  stand damals die Siegessäule.  Sie wurde während der Herrschaft der Nationalsozialisten auf ihren heutigen Standort auf den Stern im Berliner Tiergarten versetzt.

Zur Zeit wird in Berlin diskutiert, ob man das Einheitsdenkmal, die sogenannte Einheitswippe, auf den Platz  vor den Reichstagsgebäude  baut.

24.05.1923, Donnerstag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Die Ruhrbesetzung und die Sorge um die Mark nehmen mein ganzes Denken ein. Mir fällt es schwer, mich anderen Dingen zu widmen. In der Galerie gibt es wenig zu tun und wir planen keine neue Ausstellung. Ich warte und weiß nicht, worauf.

So war es gut, dass Ernst darauf bestand, dass ich ihn zur Premiere in die Berliner Volksbühne ins Scheunenviertel begleitete.  Ernst Barlachs Drama Der tote Tag wurde aufgeführt. Ein schweres, düsteres Werk, das den Zuschauer ohne einen Lichtstrahl der Hoffnung zurücklässt. Das Publikum schwieg ergriffen nach dem letzten Vorhang.

 

Die Volksbühne Berlin ist am ehemaligen Bülowplatz.

Am Bülowplatz im Scheunenviertel in Berlin-Mitte kann man gut Geschichtliches während und nach der Weimarer Republik nachverfolgen. Er war immer Schauplatz der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Parteien und Organisationen. Über das Scheunenviertel könnte man einen eigenen Roman schreiben. Es war ein typisches Arbeiterviertel mit Mietkasernen. Die Borsigwerke lagen gleich daneben. Die berüchtigten Ringvereine der Zwanziger Jahre waren (nicht nur) im Scheunenviertel zu Hause. Heute ist keine der ehemaligen Scheunengassen mehr in ihrer ursprünglichen Form erhalten.

Am Bülowplatz selbst steht das Karl Liebknecht Haus, seit 1926 Sitz der KPD und heute Parteizentrale der „Linke“. Die Berliner Volksbühne ist seit 1915 am Bülowplatz beheimatet. 1929 eröffnete an diesem Platz das berühmte Kino Babylon.

Nach dem Aufstieg des Nationalsozialismus wurde der Platz 1933 in Horst Wessel Platz umbenannt zur Erinnerung an Horst Wessel, Sturmführer der SA , einer der „ersten Märtyrer“ des Nationalsozialismus. Nach dem 2. Weltkrieg  hieß der Platz zunächst Liebknechtplatz, dann Luxemburg Platz und schließlich ab 1969 Rosa Luxemburg Platz.

„Denkzeichen“ am Boden des Platzes mit ZItaten von Rosa Luxemburg erinnern an die Weggefährtin Karl Liebknechts. Außerdem weist eine Infotafel auf die ehemalige Bedeutung des Scheunenviertels hin.

13.10.1923, Sonnabend aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Schwarz-Weiß-Ausstellung in Berlin. Max Liebermann eröffnete mit der üblichen bewegenden, etwas launischen Rede. Die Akademie der Künste hat in ihm einen souveränen Präsidenten gefunden.

 

 

Überall in der Berlin findet man Spuren des berühmten Sohnes der Stadt Berlin. Max Liebermann wurde 1847 in Berlin geboren und ist 1935 in Berlin gestorben. Er war einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Impressionismus. Er war lange Zeit Präsident, später Ehrenpräsident der Deutschen Akademie der Künste. 1933 trat er aus Protest gegen den Nationalsozialismus und dessen Einflussnahme auf die Kunst von seinem Ehrenamt zurück.

08.11.1923, Donnerstag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Ein Brot kostet in Berlin 105 Milliarden Mark und ein Liter Vollmilch 26 Milliarden Mark.

In München gab es einen Putschversuch. NSDAP-Führer Hitler verkündete im Münchener Bürgerbräukeller die „nationale Revolution”, erklärte die bayerische und die Reichsregierung für abgesetzt und proklamierte den Marsch auf Berlin.

 

Die Hpyerinflation in dieser Zeit ist wohl eines der ersten Dinge, die jedem zur Weimarer Republik einfallen.

01.12.1923, Sonnabend aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Und noch eine gute Nachricht: Sarotti hat den Produktionsbetrieb in Tempelhof wieder aufgenommen.

Ich konnte nicht umhin, mit der Bahn nach Tempelhof zu fahren. Es ist schön, dass es wieder nach Schokolade riecht, wenn man am Güterbahnhof aussteigt und zum Teltow-Kanal geht. Das ist das einzig Angenehme in diesem sonst so tristen Stadtteil.

Die Teilestraße ist eine Industriestraße im  Industriegebiet  Tempelhof-Ost am Teltowkanal.  An der Straße liegen mehrere  denkmalgeschützte  Fabrikanlagen, unter anderem auch die Gebäude der Sarotti-Werke . Irgendwie dachte ich ja, da würde noch ein Sarotti-Mohr rumsitzen. Aber die Hausnummer hat gestimmt.

18.10.1924, Sonnabend aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Mit Elsa war ich bei der Herbstausstellung der Berliner Akademie der Künste, die überraschend viele Künstler des Expressionismus’ zeigt. Max Liebermann hat es in der Tat geschafft, dass die modernen Künstler in der Akademie heimisch wurden.

Auch Reichspräsident Ebert war bei der Eröffnungsfeier.

 

Überall in der Berlin findet man Spuren des berühmten Sohnes der Stadt Berlin. Max Liebermann wurde 1847 in Berlin geboren und ist 1935 in Berlin gestorben. Er war einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Impressionismus. Er war lange Zeit Präsident, später Ehrenpräsident der Deutschen Akademie der Künste. 1933 trat er aus Protest gegen den Nationalsozialismus und dessen Einflussnahme auf die Kunst von seinem Ehrenamt zurück.

 

16.02.1924, Sonnabend aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Grosz muss 6.000 Mark Strafe für Ecce homo zahlen. Aber meine Vermutung war richtig. Der Prozess hat den Künstler erst richtig in der Öffentlichkeit bekannt gemacht. In der Galerie fragt man nach Werken von ihm.

 

Die Werke von George Grosz wurden von den Nationalsozialisten später als „entartete Kunst“ diffamiert. Heute erinnert eine Gedenktafel am Wohnhaus des Künstlers an sein Werk.

08.12.1924, Montag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Es sieht so aus, als möchte das Volk die Republik behalten. Auch wenn keine Partei eine klare Mehrheit erhielt. Nun ist abzuwarten, ob den Parteien auch ohne klare Mehrheitsregierung eine demokratische Regierung gelingt. SPD und DNVP sind die Sieger, Ludendorffs „National sozialistische Freiheitsbewegung“ und die KPD die Verlierer.

01.09.1925, Dienstag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Ernst Thälmann wird Vorsitzender der KPD. Nun hat auch die kommunistische Partei einen kämpferischen Führer. Ich weiß, Fritz würde Thälmann bedingungslos folgen. Der Kommunist hat den Roten Frontkämpferbund stark gemacht. Ich erinnere mich an eine Parade des Frontkämpferbundes in der Leipziger Straße. Militärisch, diszipliniert, so ganz anders als die anderen Protestmärsche der KPD. Und Thälmann, der Führer, marschierte mit erhobener Faust inmitten seiner Kämpfer.

Ernst Thälmann wurde 1933 verhaftetet, wenige  Tage nach dem Reichstagsbrand. Im August 1944, nach mehr als 11 Jahren Einzelhaft, wurde er erschossen.

Eine Gedenkplatte auf dem Sozialistenfriedhof in Friedrichsfelde erinnert an ihn.