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16.11.1928, Freitag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Phillip lud mich zur Kundgebung der NSDAP im Berliner Sportpalast ein. Dort, wo Max Schmeling von tausenden seiner Fans bejubelt wurde, wo schon Thälmann und Brüning gesprochen haben, wo jedes Jahr das Sechstagerennen stattfindet, dort wollte nun auch Hitler zu seinen Anhängern sprechen. Ich fuhr tatsächlich nach Schöneberg. Ich wollte sehen, wer den Plakaten mit der Ankündigung der Rede folgte. Menschenströme. Zu Fuß, mit der Elektrischen oder im eigenen Wagen mit Chauffeur. Viel Jungvolk. Arbeiter. Angestellte. Bestimmt sind nicht alle Anhänger der NSDAP. Sicherlich viele Neugierige, so wie ich. Schon bald fanden die Menschen drinnen keinen Platz mehr. Vor dem Sportpalast herrschte eine gespannte Stimmung. Braunhemden gegen den Roten Frontkämpferbund.

Später berichtete der Lokalanzeiger von Gewalt und Verletzten. Hitlers Rede hatte die Stimmung aufgeheizt.

 

Der Sportpalast war eine riesige Veranstaltungshalle im Stadtteil Schöneberg  in der in erster Linie Kundgebungen und Sportereignisse ( Sechstagerennen, Boxen) stattfanden . Die Halle wurde 1973 abgerissen und durch triste, mehrstöckige Wohnhäuser ersetzt. Ein Gedenktafel in liebloser, ungepflegter  Umgebung und ein Hinweisschild erinnern an den Sportpalast.

13.10.1930, Montag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Eröffnung des neu gewählten Reichstags.

Ernst erzählte, dass die Abgeordneten der NSDAP uniformiert im Reichstag erschienen seien, obwohl das Tragen der braunen Uniformen in Preußen verboten sei.

Und ebenso provozierend ist das Verhalten ihrer Anhänger auf der Straße.

Am Nachmittag begegneten mir in der Leipziger Straße grölende Nationalsozialisten, die die Scheiben von Wertheim und Grünfeld einwarfen. Es fällt auf, dass die Zerstörung nur die Geschäfte mit jüdischen Namen trifft.

Später auf dem Potsdamer Platz grölten sie wieder:

„Deutschland erwache!“ „Juda Verrecke!“ „Heil, Heil!“

Meist Halbwüchsige sind es, vermutlich Arbeitslose, die immer wieder von der Schupo auseinander getrieben werden. Es erinnert mich an die Tage der Revolution.

Die Regierung muss nun entschlossen handeln, wenn sie keinen Bürgerkrieg riskieren will.

10.09.1930, Mittwoch aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Der Führer der NSDAP sprach im Sportpalast. Ich beschloss, trotz des leichten Regens zu Fuß über die Potsdamer Straße zum Sportpalast nach Schöneberg zu gehen. Wieder das gleiche Bild wie vor nicht einmal zwei Jahren: Ganz Berlin schien auf den Beinen. Und alle waren zur großen Veranstaltungshalle unterwegs. Arbeiter, Angestellte, Studenten, Arbeitslose. Vor dem Sportpalast hielten im Minutentakt die Automobile derer, die sich eine Fahrt im eigenen Wagen leisten können: die Fabrikanten, Unternehmer, Geschäftsleute. Alle wollten den Mann hören, der in seinen Reden während der letzten Wochen immer öfter als Gegner der Republik auftrat. Der Mann, der verspricht, das zerstrittene Volk wieder zu einen und sich der Sorgen der Arbeiter und Arbeitslosen anzunehmen.

„Der Nationalsozialismus kämpft für den deutschen Arbeiter, indem er ihn aus den Händen seiner Betrüger nimmt.“

Der Sportpalast bietet Raum für 16.000 Menschen. Dann wurden die Tore geschlossen. Ich blieb, wie so viele, draußen.

Der Sportpalast war eine riesige Veranstaltungshalle im Stadtteil Schöneberg  in der in erster Linie Kundgebungen und Sportereignisse ( Sechstagerennen, Boxen) stattfanden . Die Halle wurde 1973 abgerissen und durch triste, mehrstöckige Wohnhäuser ersetzt. Ein Gedenktafel in liebloser, ungepflegter  Umgebung erinnert an den Sportpalast.

10.02.1933, Freitag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Hitler sprach im Sportpalast. Wieder konnte der Sportpalast die vielen Menschen nicht aufnehmen.

Die Rede wurde im Rundfunk übertragen. Ich konnte kein konkretes politisches Programm erkennen, aber die Menschen jubelten. Sie haben jemanden gefunden, der ihnen eine bessere Zukunft verspricht. Ein starkes Deutschland, das sich nicht in endlosen Debatten und Kompromissen aufreibt. Hitler gibt den Menschen Hoffnung auf eine radikale Wende. Träger und Erfüller dieser Hoffnung soll nicht eine Partei sein, sondern eine Bewegung, eine Volksgemeinschaft, die die Nation zu neuer Größe führt. Er gibt den Menschen das Gefühl, dass sie der Politik der Parteien nicht ohnmächtig ausgeliefert sind, sondern ihr Schicksal selbst, als Teil dieser mächtigen Gemeinschaft, in die Hand nehmen können. Viele scheinen bereit, dieser vagen Idee der Volksbewegung die Republik zu opfern.

 

 

Der Sportpalast war eine riesige Veranstaltungshalle im Stadtteil Schöneberg  in der in erster Linie Kundgebungen und Sportereignisse ( Sechstagerennen, Boxen) stattfanden . Die Halle wurde 1973 abgerissen und durch triste, mehrstöckige Wohnhäuser ersetzt. Ein Gedenktafel in liebloser, ungepflegter  Umgebung und ein Hinweisschild erinnert an den Sportpalast.

01.05.1933, Montag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Große Maikundgebung der NSDAP auf dem Tempelhofer Feld. Schon am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein marschierten die Arbeiter aus ihren Betrieben in geschlossenen Kolonnen nach Tempelhof. Ein Zug Männer und Frauen begegnete mir am Brandenburger Tor. Arbeiter in Viererreihen, die stolz die Fahne ihres Betriebes vorantrugen. Am Straßenrand Schaulustige. Fast alle zeigten den Hitlergruß. Aus ganz Deutschland werden Arbeiterdelegationen erwartet. Hitler hat den Kommunisten ihren Feiertag gestohlen und den Tag der Arbeit zum Tag der nationalen Arbeit umbenannt. Abends die Rede des Reichskanzlers im Rundfunk.

Man sagt, mehr als eine Million Menschen seien nach Tempelhof gekommen.

 

Der Flughafen Tempelhof war einer der ersten Verkehrsflughäfen  Deutschlands und nahm 1923 den Linienverkehr auf.

2008 wurde er geschlossen.

Im Nationalsozialismus fanden hier die Großkundgebungen der NSDAP statt.

Das ehemalige Flugfeld wird heute als Freizeitpark „Tempelhofer Feld“ von den Berlinern genutzt.

Interessant ist auch das riesige Flughafengebäude, das ab 1936 entstanden ist und 1941 mit einer Gesamtlänge von 1,2 Kilometer und einer Geschossfläche von 307.000 m² eines der längsten und flächengrößten Gebäude Europas ist —  Architektur im Nationalsozialismus eben – direkt daneben war übrigens seit 1934 das KZ Columbia, das man  aber abriss, als das Flughafengebäude in Betrieb genommen wurde.