01.04.1919, Dienstag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Ich habe Radke überredet, auch Paul Cassirer zur Eröffnung einzuladen. Es täte der Galerie gut, wenn ein wenig Glanz vom Salon Cassirer auf uns herüber strahlen würde. Der Einladung hat Radke zugestimmt, aber er lehnt es nach wie vor ab, seine Galerie durch Lesungen und Debattierrunden aufzuwerten. Er sei Galerist, kein Literat oder Politiker.

Tatsächlich scheint sich im Salon Cassirer ein neuer Debattierclub gegründet zu haben. Graf von Kessler verkehrt regelmäßig an den Donnerstagabenden dort. Über die Straße höre ich Begrüßungen auf Englisch, Französisch, Russisch. Wäre Fritz da, er würde wissen, was im Salon verhandelt wird. Seine kommunistischen Freunde hätten es ihm bestimmt berichtet.

Ich habe immer noch keine Nachricht von dem Freund.

 

Auch eine sehr gute, aber ziemlich „sperrige“ Recherche-Lektüre: die Tagebücher von Harry Graf Kessler. Für „Anfänger“ weniger zu empfehlen, weil Kessler über eine Fülle von Personen und Ereignissen  schreibt, ohne eine historische Einordnung vorzunehmen.