10.01.1926, Sonntag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Von meiner Stube aus beobachtete ich, wie bereits am frühen Nachmittag Wagen vor dem Salon Cassirer vorfuhren. Auch Ernst, Radke, Elsa und ich besuchten die Trauerfeier für Paul Cassirer. Der Sarg war in der Mitte des großen Ausstellungssaals aufgebahrt. Überall rote Rosen. Als erster sprach Liebermann. Er benutzte die gleichen Worte wie schon im Nachruf. Danach sprach Graf von Kessler. Er muss Cassirer gut gekannt haben. Es gab Jahre, da sah ich ihn regelmäßig im Salon ein- und ausgehen. Danach hielt Flechtheim seine Trauerrede

Der Kunstsalon Paul Cassirer war von 1901 bis 1933 in der Viktoriastraße in der Nähe des Tiergartens. Neben Ausstellungen fanden dort auch immer wieder Lesungen und Diskussionsrunden zu gesellschaftlichen und politischen Themen statt. Nach dem Tod von Paul Cassirer 1926 übernahmen  seine Mitarbeiter Walter Feilchenfeldt und Grete Ring den Kunstsalon. Die Ausstellungen moderner Kunst im Kunstsalon wurden im Berlin der Weimarer Zeit immer kontrovers diskutiert.

Die Biografie der Familie Cassirer liest sich so spannend wie ein Roman.