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11.08.1921 aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Elsa, Margarete, die Mädchen und ich waren bei der Feier des Verfassungstages zum Reichstag. Vor dem Reichstag ein Volksfest mit Militärmusik. Die Kinder scharten sich um einen Straßenhändler, der in einem Glaskasten über offener Flamme Maiskörner röstete. Schneeflocken. Mit Himbeersirup übergossen sind sie die neue Köstlichkeit dieses Sommers. Ein buntes Fest. Die Menschen trugen leichte Sommerkleider. Zwei riesige Masten mit schwarz-rot-goldenen Fahnen schmückten den Platz. Alle Türen des Reichstags waren geöffnet. Ernst war drinnen, um für die Illustrierte Wochenzeitung zu berichten.

Stellt Euch den riesigen Platz vor dem Reichstag voller Menschen vor. Der Verfassungstag war im Berlin der Weimarer Zeit zumindest in den ersten Jahren ein großes Volksfest. Später kamen dann immer mehr auch  Demonstrationen und Ausschreitungen am Verfassungstag dazu.

13.10.1930, Montag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Eröffnung des neu gewählten Reichstags.

Ernst erzählte, dass die Abgeordneten der NSDAP uniformiert im Reichstag erschienen seien, obwohl das Tragen der braunen Uniformen in Preußen verboten sei.

Und ebenso provozierend ist das Verhalten ihrer Anhänger auf der Straße.

Am Nachmittag begegneten mir in der Leipziger Straße grölende Nationalsozialisten, die die Scheiben von Wertheim und Grünfeld einwarfen. Es fällt auf, dass die Zerstörung nur die Geschäfte mit jüdischen Namen trifft.

Später auf dem Potsdamer Platz grölten sie wieder:

„Deutschland erwache!“ „Juda Verrecke!“ „Heil, Heil!“

Meist Halbwüchsige sind es, vermutlich Arbeitslose, die immer wieder von der Schupo auseinander getrieben werden. Es erinnert mich an die Tage der Revolution.

Die Regierung muss nun entschlossen handeln, wenn sie keinen Bürgerkrieg riskieren will.