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15.04.1918, Montag aus „Heute keine Schüsse – Berlin in der Weimarer Republik“

Wie versprochen, bin ich mit Fritz und einer großen Menge Demonstranten vom Bülowplatz in Wedding Richtung Schlossgarten marschiert. Wir skandierten:

„Frieden! Freiheit! Brot!“

Der Zug wurde von Schutzleuten aufgelöst, bevor eine Versammlung stattfand. Es gab Verletzte auf beiden Seiten.

Später saß ich mit einer kleinen Gruppe im Lustgarten und lauschte den Debatten der Kommunisten.

„Nieder mit dem Kaiser und seinen Lakaien!“

Es fällt mir schwer, mitzutun. Ich finde meine Gedanken in den gegrölten Parolen nicht wieder.

Am Bülowplatz im Scheunenviertel in Berlin-Mitte kann man gut Geschichtliches während und nach der Weimarer Republik nachforschen. Er war immer Schauplatz der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Parteien und Organisationen. Über das Scheunenviertel könnte man einen eigenen Roman schreiben. Es war ein typisches Arbeiterviertel mit Mietkasernen. Die Borsigwerke lagen gleich daneben. Die berüchtigten Ringvereine der Zwanziger Jahre waren (nicht nur) im Scheunenviertel zu Hause. Heute ist keine der ehemaligen Scheunengassen mehr in ihrer ursprünglichen Form erhalten.

Am Bülowplatz selbst steht das Karl Liebknecht Haus, seit 1926 Sitz der KPD und heute Parteizentrale der „Linke“. Die Berliner Volksbühne ist seit 1915 am Bülowplatz beheimatet. 1929 eröffnete an diesem Platz das berühmte Kino Babylon.

Nach dem Aufstieg des Nationalsozialismus wurde der Platz 1933 in Horst Wessel Platz umbenannt zur Erinnerung an Horst Wessel, Sturmführer der SA , einer der „ersten Märtyrer“ des Nationalsozialismus. Nach dem 2. Weltkrieg  hieß der Platz zunächst Liebknechtplatz, dann Luxemburg Platz und schließlich ab 1969 Rosa Luxemburg Platz.

„Denkzeichen“ am Boden des Platzes mit Zitaten von Rosa Luxemburg erinnern an die Weggefährtin Karl Liebknechts. Außerdem weist eine Infotafel auf die ehemalige Bedeutung des Scheunenviertels hin.